TexCam

Feine Defekte oder Texturunterschiede in der Mikrostruktur eines Objekts zu erkennen, ist bisher gar nicht oder nur mit sehr hohem Aufwand möglich. Die Auflösung industrietauglicher Kameras ist in der Regel auf 50 Megapixel (MP) begrenzt. Höhere Auflösungen können meist nur auf Kosten der Pixelgröße erreicht werden. Und das geht typischerweise mit geringerer Lichtempfindlichkeit einher.

Gilt es zudem, große Flächen mit hoher Auflösung schnell zu erfassen und zu analysieren, kommen bildgebende Verfahren in der Oberflächenprüfung schnell an ihre Grenzen. Häufig muss dazu das gewünschte Messfeld abgerastert werden, was weitere Probleme nach sich zieht: Kamera oder Objekt müssen präzise verfahren werden, aufwändige Rechenschritte beim anschließenden Zusammensetzen (dem Stitching) der Einzelaufnahmen werden notwendig, da Abbildungseigenschaften wie Perspektive und Beleuchtung nicht über das gesamte Messfeld einheitlich sind.

Höhere Auflösung bei großem Messfeld dank Pixel-Shifting

Fraunhofer IPM bietet mit TexCam ein flexibles, je nach Anwendung auch robotergestütztes Inspektionssystem zur automatisierten Texturanalyse, das diese Probleme löst: Eine hochauflösende Kamera erhöht die Auflösung einer Gesamtaufnahme durch schnelles, präzises Verschieben des Bildsensors – das sogenannte Pixel-Shifting – auf das Neunfache.

In kurzer Abfolge werden dabei bis zu neun Einzelaufnahmen erzeugt und zusammengesetzt. Für jede dieser Einzelaufnahmen wird der Bildsensor innerhalb von Millisekunden lateral in 1/3-Pixel-Schritten in beide Richtungen durch ein integriertes Nanostage verschoben. Ein externes Verfahren der Kamera oder des Objekts ist daher nicht nötig. Das rechenaufwändige Stitching der Einzelaufnahmen entfällt. Ebenfalls bleiben so Perspektive und Beleuchtung während der Einzelaufnahmen unverändert.

TexCam erreicht somit wahlweise extrem hohe Auflösungen bei vergleichsweise großem Messfeld (z. B. 5 µm / Pixel auf 100 mm × 80 mm) oder sehr große Messfelder bei hoher Auflösung (50 µm / Pixel auf 1 m × 0,8 m).

Schnelle Mikrostruktur- und Oberflächenanalyse

Das Inspektionssystem TexCam liefert eine schnelle Mikrostruktur- oder Oberflächenanalyse auf planen Objektflächen von nahezu beliebigen Oberflächenstrukturen oder Oberflächenmaterialien. Dies können beispielsweise Mikrorisse in metallischem Material oder auch Fehlstellen in gewebten Textilien sein.

TexCam eignet sich aber auch zur Inspektion von Lithographieplatten, wie sie bei der Herstellung elektrischer Komponenten benötigt werden, oder zur Prüfung ganzer Leiterplatten. Selbst Einschlüsse in Naturprodukten wie Holz oder Kork lassen sich dank der hohen Auflösung sicher erkennen.

In der Praxis anaysiert TexCam alle Materialien, bei denen sich die potenziellen Oberflächendefekte durch eine Änderung ihrer Mikrostruktur bemerkbar machen.

Ein Inspektionssystem – viele Möglichkeiten

Durch die flexible Gestaltung des Inspektionssystems ist eine unkomplizierte Anpassung zur Untersuchung unterschiedlichster Objekte möglich: Das robotergestützte Handling ermöglicht eine einfache und präzise Erfassung des Objekts. Sowohl Optik als auch Beleuchtung lassen sich dank des modularen Aufbaus so anpassen, dass individuelle Texturen und Defekte bestmöglich hervorgehoben werden. Die für jede unterschiedliche Anwendung maßgeschneiderte Software bietet eine automatisierte Bildaufnahme und erlaubt die Auswertung auf Grundlage typischer Texturanalysealgorithmen und leistungsfähiger KI-Methoden (v. a. Deep Learning).