Joseph-von-Fraunhofer-Preis

Neue Präzisionsmethode – Fluoreszenzmesstechnik zur Qualitätssicherung in der Produktion

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Von »qualitativ« zu »quantitativ« sind es nur ein paar Buchstaben – und doch ist der Weg mitunter weit. So auch bei der Fluoreszenzmesstechnik: Mit ihr waren bisher meist nur qualitative Untersuchungen möglich. Unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben der Methode nun erstmals quantitative Messwerte mit hoher Ortsauflösung entlockt – und werden dafür mit dem Joseph-von-Fraunhofer-Preis ausgezeichnet.

Fraunhofer-Preis 2022 für quantitativ messende Fluoreszenz-Messsysteme
© Piotr Banczerowski/Fraunhofer
Dr. Alexander Blättermann (links) und Dr. Albrecht Brandenburg erhielten den Joseph-von-Fraunhofer-Preis für ihre Fluoreszenz-Messsysteme. Die Systeme setzen neue Maßstäbe für die hochaufgelöste, quantitative Qualitätskontrolle in der Produktion.

Bisher galten fluoreszenzbasierte Techniken eher als Schätzeisen denn als zuverlässige, quantitative Messverfahren: Schließlich braucht es nicht nur präzise Referenzen, um das Verfahren zu kalibrieren, sondern auch ein tiefes Verständnis der Effekte, die die Fluoreszenzstrahlung beeinflussen. »Wir konnten aus dem Schätzeisen eine robuste und extrem schnelle Präzisionsmessmethode entwickeln«, erläutert Dr. Albrecht Brandenburg, Gruppenleiter am Fraunhofer IPM. Die Welt scheint darauf gewartet zu haben: Die Technologie verbreitet sich national wie international rasant, die Umsätze am Institut in diesem Arbeitsgebiet erreichen schon jetzt Millionenhöhe. Für ihre Entwicklung werden Dr. Albrecht Brandenburg und Dr. Alexander Blättermann mit dem Joseph-von-Fraunhofer-Preis ausgezeichnet. Die Jury begründet ihre Entscheidung mit der hohen technischen Leistung und dem wirtschaftlich messbaren Vorteil für die Unternehmen.

Verunreinigungen im Fertigungstakt nachweisen

Ein weiterer Pluspunkt: Die Technologie ist inline-fähig. »Komplexe 3D-Bauteile lassen sich erstmals im Sekundentakt der Fertigung auf Reinheit prüfen – und das zu hundert Prozent«, sagt Brandenburg, der seit über 30 Jahren am Fraunhofer IPM forscht. Er war es auch, der die Idee hatte, die bildgebende Fluoreszenzmesstechnik für die Bauteilprüfung zu nutzen – vor allem, um Verunreinigungen durch Öl oder Schmutz auf die Spur zu kommen. Elementar sind solche Informationen vor allem dort, wo es um die Sicherheit geht, etwa beim Verkleben von Pkw-Bauteilen. Für die Messung tastet ein kurzwelliger, violetter Laserstrahl die Bauteiloberfläche ab und regt die organischen Verunreinigungen zu einem langwelligen Leuchten an. Dieses Fluoreszenzlicht wird vom Laserscanner eingefangen, in quantitative Messdaten umgewandelt und zu einem Bild zusammengefügt: ganz gleich, ob bei einem meterlangen Blech oder einem kleinen Elektrobauteil. »Die erzielten Leistungsdaten sind spektakulär: Wir können 40 Millionen Punkte in der Sekunde messen und dabei Verunreinigungen von einem Milligramm pro Quadratmeter nachweisen, ab zehn Milligramm werden quantitative Messungen möglich«, begeistert sich Blättermann, der das Inlinesystem entwickelt und in Betrieb genommen hat. »Durch den F-Scanner wird die Fluoreszenzmesstechnik zur Qualitätskontrolle und Prozessregelung salonfähig.«

Erfolg rund um den Globus

Nach dem Erfolgsrezept befragt, antwortet Brandenburg: »Um den industriellen Bedarf einer neuen Technologie zu treffen, ist entscheidend, parallel zur Entwicklung bereits Kundenkontakte zu knüpfen und in einer sehr frühen Phase Kooperationen aufzubauen.« Wie etwa mit der Robert Bosch GmbH als Kunden der ersten Stunde: »Mit dem neuen Fraunhofer-Verfahren können wir geringste Verunreinigungen auf den Oberflächen erkennen und die Qualität und damit die Sicherheit von Klebeverbindungen von elektronischen Steuergeräten erhöhen«, sagt Dr. Heiko Elsinger, Verfahrensentwickler im Bosch-Geschäftsbereich Automotive Electronics. »Das verbessert die Zuverlässigkeit, sorgt für schnellere Prozesse und trägt am Ende zu einer nachhaltigen Produktion bei.« Nicht nur die Robert Bosch GmbH, sondern auch andere Unternehmen scheinen das ähnlich zu sehen: Das Team um Brandenburg und Blättermann hat seit 2015 rund 3,5 Millionen Euro Industrieaufträge eingeworben, bei zwanzig Kunden in fünf Ländern. »Praktisch wöchentlich unterschreibe ich nun Angebote für Fluoreszenz-Inspektionsgeräte in unterschiedlichen Ausführungen – für Anwender in Deutschland und der ganzen Welt. Tendenz stark steigend«, freut sich Professor Karsten Buse, der Institutsleiter des Fraunhofer IPM.

Joseph-von-Fraunhofer-Preis

Seit 1978 verleiht die Fraunhofer-Gesellschaft jährlich Preise für herausragende wissenschaftliche Leistungen ihrer Mitarbeitenden, die anwendungsnahe Probleme lösen. In diesem Jahr werden drei Preise mit jeweils 50 000 Euro vergeben. Die Preisträgerinnen und Preisträger erhalten auch eine silberne Anstecknadel mit dem Gesichtsprofil des Namenspatrons.

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